Freitag, 17. Juni 2016

Wieso steht die Zeit nicht still?

Manchmal schleichst du nur so vor dich hin, ziehst dich zäh wie ein Kaugummi in die Länge. Zwingst mich dazu, gelassen zu bleiben und mich in Geduld zu üben.
An anderen Tagen rennst du einfach davon. Lässt mir keine Gelegenheit, durchzuatmen. Obwohl noch so viele Aufgaben auf ihre Erledigung warten, fällst du mir in den Rücken und lachst mich aus, wie ich hektisch in Panik verfalle.

All das, liebe Zeit, verzeihe ich dir, denn ich wachse an den Herausforderungen, die du mir stellst. Was ich dir jedoch nicht verzeihe, sind die Momente des Glücks, die du uns raubst. Diese fantastischen Augenblicke, in denen alles perfekt scheint, die Sorgen der Vergangenheit und die Ängste der Zukunft vergessen sind und wir einfach leben.
Wenn wir mit unseren Lieblingsmenschen beisammen sind und lachen. Wenn wir mit ihnen im Winter verschwitzt von einer Schneeballschlacht zusammen heißen Kakao trinken und im Sommer draußen am Lagerfeuer liegen, um in die Sterne zu schauen. Wenn wir bei einem Glas schlechten Weins über Sinn und Unsinn unseres Daseins philosophieren und nachts von einer besseren Welt träumen. Wenn wir am Deich sitzen und dem Rauschen der Wellen lauschen und in den Bergen auf das Echo unserer Rufe warten. Wenn wir unter Kirschblüten Nudelsalat essen, den Nachmittag im Rapsfeld verbringen und nach einer Party in Unterwäsche im Pool baden.

Für manch einen vielleicht nicht nachvollziehbar, sind diese scheinbar alltäglichen Augenblicke des Lebens die größten des Glücks. Sie bleiben immer in unserem Herzen und die Erinnerung daran lässt an dunklen Regentagen die Sonne für uns scheinen. Es sind die Momente, in denen ich dich, unbarmherzige Zeit, gerne zwingen würde, stillzustehen. Stattdessen rast du an mir vorbei und transformierst innerhalb eines Wimpernschlages die Erlebnisse in Erinnerungen. Nur ein Atemzug weiter und sie liegen bereits Jahre zurück in der Vergangenheit. Schließe ich die Augen, sehe ich die Bilder so klar und bunt vor mir, als sei das Picknick im Rapsfeld erst gestern gewesen und nicht vor einundzwanzig Jahren.

Doch, liebe Zeit, du bist klüger als ich. Denn würdest du auf meinen Wunsch eingehen und die schönsten Zeiten in die Unendlichkeit strecken, dann wüsste ich sie nicht zu schätzen. Sie wären nichts Besonderes mehr. Keine im Herzen verwahrten Erinnerungen, die mir Kraft im Alltag gäben. Daher möchte ich dir danken für die Glücksmomente im Leben, die erst durch dich so wertvoll werden.



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