Donnerstag, 20. Juni 2019

Warum?





Ich würde dir gerne sagen, wie sehr ich dich liebe und wie unendlich wichtig du für mich bist. Aber ich kann die Worte nicht sagen, denn sofort fange ich an zu weinen. Ich will nicht, dass du meine Angst siehst, meine Traurigkeit bemerkst. Stark möchte ich für dich sein und dir Mut geben. Keiner von uns darf jetzt aufgeben. Wie ein seidener Faden hängt die Hoffnung in der Luft, droht, durch den leisesten Windstoß wieder zerstört zu werden. Wie länge hält der Faden? Wann wird ihn die Realität durchtrennen? Wann wird die Realität uns zerreißen?

Ich kann nicht an gestern denken. An die Zeit, wo alles gut war. Als die Welt noch in Ordnung und die Zukunft eine Zeit war, auf die ich mich gefreut habe.
Ich kann auch nicht an morgen denken. Der Gedanke, du könntest nicht Teil meiner Zukunft sein, bricht mir das Herz. Es ist eine Version einer möglichen Zukunft, die nie in meinem Kopf existiert hat und nun doch so schmerzhaft real erscheint. Wir hatten noch so viel vor. Ein Buch wollten wir schreiben. Immer wieder verschoben für unwichtige Dinge.
Schon jetzt vermisse ich dich so sehr, obwohl du doch da bist. Und wenn ich dich auf dem Sofa liegen sehe, dann kann ich gar nicht glauben, wie krank du bist.

Warum?, frage ich mich, obwohl mir der Sinnlosigkeit dieser Frage bewusst ist. Warum gerade du? Warum so schlimm? Warum können die Menschen auf den Mond fliegen, aber diese Krankheit noch immer nicht heilen? Warum möchte mir Gott den Menschen nehmen, der für mich alles bedeutet?

Wie so viele Menschen in Not fange auch ich wieder an zu beten. Zu Gott, Buddah oder Allah- egal wer, aber einer der Allmächtigen muss doch helfen können. Aber möchte ich wirklich an einen Gott glauben, der so eine Krankheit zulässt...?

Noch ist er da, der seidene Faden. Und wenn er weg ist, suche ich einen neuen. Du warst mein ganzes Leben für mich da. Hast mich begleitet durch die Höhen und Tiefen meines Lebens. Ohne dich wäre ich nicht die, die ich bin und ohne dich möchte ich nicht sein. Jetzt bin ich für dich da, Mama.